Freitag, 25. Februar 2011

II. Zurück zur Zukunft - Big Blue's Blue Chips (1)

1. Der Höhenflug (3)
Angezogen durch den Gewinn, den sie damit erzielen, verkauften große Institutionen ihre Aktien", notierte am 31. Januar 1984 die Financial Times in ihrem Börsenkommentar. Anders ausgedrückt: Die mächtigen Anleger rechneten mit einem weiteren Sinlen der Kurse und wollten sich rechtzeitig von ihren IBM-Papieren trennen. Allein an einem Vormittag im Februar 1984 wechselten eine Million Aktien den Besitzer: Der Kurs fiel prompt auf 109 Dollar.
Was waren die Gründe für diesen Umschwung? Abgesehen von der fortgesetzten Hochzinspolitik, die 1984 die Börse plagte, war es IBM selbst die Anlass für die Unsicherheit der Anleger gab. Es begann mit dem Jahresabschluss 1983, der die allzu8 anspruchsvollen Anleger nervös reagieren ließ.
Zwar überstieg der Umsatz am Jahresende mit 40,18 Milliarden Dollar das Vorjahresergebnis um 17 Prozent, doch der Gewinn wuchs "nur" noch um 24 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 26 Prozent gewesen. Als dann die Ergebnisse des ersten Quartals vorgestellt wurden, präsentierte IBM zwar einen Anstieg des Gewinns um 23 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar bei einem Umsatzwachstum von 17 Prozent, aber dem IBM-Watcher von Ulric Weil von Morgan Stanley imponierte dieses Eregbnis nicht besonders. Der Marktführer hatte nämlich rund 211 Millionen Dollar, also knapp 20 Prozent des Gewinns, nicht mit dem laufenden Geschäft erzielt, sondern mit Zinsen für seine Guthaben. So sammelt sich bei IBM bis Ende 1983 eine Liquidität von 5,5 Milliarden Dollar an, die zum größten Teil in kurzfristig verfügbaren Wertpapieren angelegt waren. Zieht man diese Zinsen vom Gewinn ab, dann kag der Proifitanteil vom Umsatz nur noch 22,1 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte der entsprechende Prozentsatz bei 22,5 Prozent gelegen.
Warum kommen die Gewinne aus Bankzinsen und nicht aus dem Umsatz? Diese Zahlen zeigen an, mit welcher Aggressivität IBM ihr Geschäft verfolgt, meint Ulric Weil, der in einem Kommentar gegenüber dem Wall Street Journal am 13. April 1984 folgende Erklärung lieferte: "Die Antwort darauf ist IBMs Bestreben, die Branchenpreise zu drücken, um die Mengenauslieferung weiterhin anzukurbeln." Es geht primär im Marktanteile und erst dann um Gewinn. Doch als IBM im August 1984 ihren neuen Personal Computer PC/AT (Advanced Technology) ankündigte, stiegen die Aktien wieder auf 124 Dollar. Der Höhenflug setzte sich wieder fort. Die Anleger hatten sich an die neue Situation bgewöhnt: IBMs Bestreben, mit Niedrigpreisprodukten an Markt immer weiter zu eroben.

Donnerstag, 24. Februar 2011

II. Zurück zur Zukunft - Big Blue's Blue Chips (1)

1. Der Höhenflug (2)
In der Tat - der Computergigant entwickelte sich 1983 besser als der ohnehin schon hervorragende Ruf, der ihm sein Herbbst des Vorjahres aus der Wall Street voraus eilte. Seit diesem Jahr galt IBM mit rund 5,5 Milliarden Dollar Gewinn als das profitabelste Unternehmen der Welt.
"Eine der größten Überraschungen", war zum Beispiel für Stephen T. McClellan, Analyse bei Salomon Brothers, die Entwicklung IBMs in den ersten sechs Monaten des Erfolgsjahres 1983. So steigerte sich damals der Umsatz des Branchenriesen um 18 Prozent auf 17,88 Milliarden Dollar im Verglöeich mit dem ersten Habjahr 1982 (15,12 Mrd. Dollar). Die Gewinne summierten sich in diesem Zeitraum gar auf 2,32 (1,87) Milliarden Dollar und lagen damit um 24 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Der Gewinn pro Aktie war mit 3,84 (3,14) Dollar im zweiten Quartal "zehn Cents höher als angenommen" (6).
Auch Jack Cantwell, Vizepräsident von Dean Witter Reynolds, gestand ein, dass "IBMs Gewinne oberhalb der Wall-Street-Schätzungen liegen". Der Glaube an IBM wurde immer größer. Prompt revidierten Börsenanalysten wie McClellan ihre Gewinnerwartungen für 1984 nach oben: von 10,25 auf 10,50 (1982 7,38) Dollar je Aktie. "Wir gehen aufgrund der vorliegenden Ergebnisse davon aus, dass die Gewinnschätzungen weiter nach oben steigen." (7) Und Francis H.M. Kelly von Dean Witter Reynolds Inc. warnte: "Mein Instinkt sagt mir, alles zu meiden, was auch nur im entferntesten mit IBM konkurriert." (8)
All das machte Irv Kormanoff mehr als stutzig. "Jeder Idiot besitzt sie", keiner kauft sie, "alle haben genug IBM-Aktien", schimpfte der Börsenprofi im Juli 1983 seine Kollegen gegenüber dem "Wall Street Journal" aus. Sie würden ihre Shares als Liquiditätspolster solange parken, bis die Nachfrage wieder steige. Er glaubte, dass schon der kleinste Hinweis auf eine Enttäuschung eine Panik unter den Brokern auslösen könne. Und dann lieferte er selbst die Hinweise: IBM betzreibe vehement den Verkauf ihrer Produkte und verzichte zunehmend auf das konjunkturunabhängige Mietgeschäft, das einst ihr Computerimperium begründete.
Zudem - so erinnerte er sie an ihre eigenen Prognosen - würde die Gewinnkurve 1984 prozentual abflachen. Bereits im dritten Quartal 1983 fiel der Gewinn um "ein paar Pennies niedriger aus als erwartet", kommentierte das Wall Street Journal am 17. Oktober 1983 das Ergebnis. Zum Jahreswechsel 1984 fiel die Aktie und sank im ersten Halbjahr sogar einmal für wenige Stunden unter die 100-Dollar-Grenze.

Montag, 14. Februar 2011

II. Zurück zur Zukunft - Big Blue's Blue Chips (1)

1. Der Höhenflug (1)
Das konnte Börsen-Guru Irv Komanoff kaum fassen. "Noch nie habe ich in den vergangenen 49 Jahren bei der Beurteilung von IBM eine solche Einmütigkeit der Meinungen erlebt." Und das hatte für den Altmeister nur eins zu bedeuten: Wall Street irrt. (1)
IBMs Höhenflug begann 1982. Der Aktienkurs hatte sich vom August bis zum Oktober 1982 um rund 35 Prozent auf 80 Dollar hochgearbeitet, da präsentierte Barton Biggs, Dow-Jones-Experte von Morgan Stanley & Co. eine neue Prognose. Innerhalb eines Jahres werde der Kurs von Big Blue um weitere 50 Prozent auf 120 Dollar hochschnellen, prophezeite der Megastar. Der Wert der Aktie werde gar den Gewinn um den Faktor 15 übersteigen. (2) Von diesem Zeitpunkt an erklärten immer mehr Börsenmakler IBM zu ihrem Top-Favoriten. Sie machten sich gegenseitig "high". Robert Farreö von Merril Lynch empfahl den Computerhersteller ebenso wie Thomas H. Broadus Jr. von T. Rowe Price Associates, Douglas Loudan von Scudder, Stevens & Clark oder Heinz H. Biel von Janney Montgomery Scott. (3)(4) Sie alle sollte mehr als recht behalten. Bereits im Sommer 1983 hatten die Ereignisse Biggs' Big Blue-Tip überholt.
Die IBM-Aktie erreichte mit 127 Dollar ihre höchste Bedwertung und steigerte sich dann im Goldenen Oktober 1983 auf über 134 Dollar- "Der Markt fängt an, das Ausmaß von IBMs Macht zu begreifen", schwärmte Malcolm C. Wilson, Direktor der Provident National Bank. (5)

II. Zurück zur Zukunft - Big Blue's Blue Chips

Mit dem Ende des Antitrustverfahrens erlebte IBM an der Börse endlich wieder einen grandiosen Aufschwung. Die Kurse verdoppelten sich innerhalb eines Jahres. Die Gewinnerwartungen steigen nach oben. Selbst die anhaltende Hochzinspolitik kann langfristig den Höhenflug des Blue Chips nicht bremsen. Doch es gibt auch Kritiker. Denn IBM hat begonnen, ihr Geschäft völlig neu zu strukturieren, sie muss künftig mit anderen Maßstäben gemessen werden.

Donnerstag, 10. Februar 2011

II. Zurück zur Zukunft




I: 8.5 IBMs Griff zu den Sternen - Daten aus dem All (4)

Anfang 1984 waren 17 Nachrichtensatelliten in den USA in Betrieb. AT&T, RCA und Western Union besitzen je vier, SBS drei, Hughes Aircraft und Alascom je einen. Mitte 183 standen den Amerikanern 350 Satellitenkanäle zur Verfügung. Bis Ende 1984 sollen es 480 und 1987 knapp 1000 sein. Jährliche Einnahmen je Kanal: 1,5 bis zwei Millionen Dollar. Die amerikanische Genehmigungsbörse FCC gab sogar ihr Placet für 43 weitere Nachrichtensatelliten, die bis 1986 an den US-Himmel geheftet werden dürfen.
Einen nicht minder wachstumsträchtigen Markt stellt das Geschäft mit den professionellen Erdstationen dar. Mehr als drei Dutzend Firmen in der Welt stellen solche Satellitenempfangstationen und ähnliche Geräte her. Marktführer sind: Nippon Electric, Hughes Aircraft, Harris, Scientific Ameria - und IBM.
Eine Erdstation kann zwischen 100.000 und 500.000 Dollar kosten. 1983 wurden hier etwa 130 Millionen Dollar umgesetzt. 1991 sollen es bereits 900 Millionen Dollar sein. Mehr als 1000 Erdstationen wurden 1983 verkauft, 1985 werden es 1690 sein, und 1991 rechnet man mit 6653 Stationen.
IBM will überall mitmischen. Sie "hat mit einzigartiger Härte das Spiel des Marktes akzeptiert, das sie bestimmt, dem sie gleichzeitig aber auch gehorcht", charakterisieren doe Franzosen Simon Nora und Alain Minc in ihrer Studie "Die Informatisierung der Gesellschaft" das Quasimonopol IBM. Ob im Himmel oder auf der Erde - die Telekommunikationswelt ist ordentlich durcheinander geraten.
Die alten Strukturen brechen zusammen, machen neuen Platz - und damit auch der IBM, die nach der Niederschlagung des Antitrustverfahrens souverän ihren Weg zurück in eine großartige Zukunft nimmt.

Montag, 7. Februar 2011

I: 9.4 IBMs Griff zu den Sternen - Start ins Ungewisse

Dennoch haben die Satelliten eine große Bedeutung für die USA: in der Verbindung von Personal Computer und Mainframes. Mit Hilfe kleiner Parabolantennen soll der Kontakt geschaffen werden. Das britische Universalgenie Clive Sinclair hat bereits angekündigt, dass er bald mit einer Parabolantenne auf den Markt kommen wird, die weniger als 100 Dollar kostet. Heute liegt der Preis noch drei- bis fünfmal so hoch. Nicht nur langweile TV-, sondern auch brisante Computerprogramme lassen sich dann direkt in die Stuben der Amerikaner, der Japaner, aber auch der Europäer übertragen. Nicht nur das Fernsehen, sondern auch digitale Informationen (Daten und Programme) werden ubiquitär.
Schon gründete IBM im März 1984 mit der Wall-Street Firma Merrill-Lynch ein Gemeinschaftsunternehmen, das Börseninformationen über Satellit an PCs ausstrahlen wird. Die FCC hatte der SBS erlaubt, nicht nur TV-Programme direkt in die Wohnzimmer zu übertragen. sondern auch Daten - ein Punkt, der lange Zeit umstritten war.
Und so hat die Expansion am Himmel trotz aller Widrigkeiten längst begonnen. Das größte Geschäft erhofft man sich bei der Übertragung von Daten und Faksimile-Bildern. Hier sollen 1985 rund 1,2 Milliarden und 1991 etwa 2,8 Milliarden Dollar umgesetzt werden.

Mittwoch, 2. Februar 2011

I: 9.3 IBMs Griff zu den Sternen - Start ins Ungewisse

In Herbst 1982 schickte das damals noch als Dreigestirn aufgebaute Gemeinschafts-Unternehmen als erste Privatfirma der Welt mit dem Space Shuttle "Columbia" einen kommerziellen Satelliten in eine Erdumlaufbahn. Es war der letzte Flug des wiederverwendbaren Raumschiffs "Columbia" vor seiner gründlichen Generalüberholung im ersten Halbjahr 1983. An Bord des Space Shuttles waren übrigens auch fünf IBM-Spezialrechner vom Typ /4PI AP-101, die den Flug der Raumfähre überwachten.
Spektakulär sollte auch ein Projekt sein, das im Oktober 1984 gestartet werden sollte. Die Satellite Television Corp., ein Tochterunternehmen von Comsat, wollte im Herbst mit der direkten Fernsehübertragung via Himmel in den USA beginnen (DBS = Direct Broadcasting by Satellite). Fünf Kanäle waren gemietet worden - bei der SBS. Das als Pay-TV von Comsat gestaltete Satellitenjprogramm sollte über Parabolantennen mit einem Durchmesser von 60 bis 75 Zentimetern empfangen werden können. Doch das Projekt wurde gecancelt.
So erging es auch Inter-American Satellite Television und der britischen Firma New Satellite Television Ltd., die dem Pressegiganten Rupert Murdoch gehört. Im Mai 1983 hatten beide beschlossen, gemeinsam in das DBS-Geschäft einzusteigen. Sie mieteten bei der Satellite Business Systems fünf Kanäle. Preis: 75 Millionen Dollar. Andere Satelliten-Carrier mussten ebenfalls herbe Schlappen einstecken. Der Grund: In den USA liegen bereits soviele Fernsehkabel, dass sich eine Satellitenausstrahlung kaum noch lohnt.

Dienstag, 1. Februar 2011

I: 9.2 IBMs Griff zu den Sternen - Start ins Ungewisse


All das zeigt, wie wichtig der Computerriese diese Beteiligung nimmt. Schon gibt es Anzeichen dafür, dass IBM gerne als neuen Partner British Telecom (BT) aufnehmen möchte. Die beiden Unternehmen verstehen sich mehr und mehr als ideale Partner. Und BT wird der überragende Einfluss von IBM in diesem Gespann und in den USA nur recht sein. Denn je stärker der Gigant ist, desto schneller können die beiden ihre gemeinsamen Ziele verwirklichen: den Aufbau eines globalen Netzwerkes, das Europa und USA miteinander verbindet.
Dabei ist die SBS bereits IBMs zweiter Anlauf zum Himmel. Im Juli 1974 hatte der Rechnergigant bei der FCC die Erlaubnis beantragt, 55 Prozent der CML Satellite Corporation übernehmen zu dürfen. Zweiter Aktionär sollte mit 45 Prozent Comsat werden. Doch am 23. Januar 1975 wurde der Antrag abgelehnt. Allerdings - so die FCC - wolle man einer anderen Regelung wohlwollend gegenüberstehen.
Die "andere Regelung" hieß dann SBS, an der IBM damals 33,3 Prozent der Aktien hielt. Bis 1986 - so vereinbarten die ungleichen Drei - wollten sie zusammen 680 Mio. Dollar in die SBS investieren. Dies ist eine Summe, die bis 1986 wahrscheinlich um das Doppelte überschritten wird. Denn von Anfang an setzte der Carrier auf modernste Technologien. Kein Experiment war ihm spektakulär genug, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.