Samstag, 21. Februar 2009

I: 3.3 Tombola für einen Computer

Allein durch die Ankündigung dieser Rechnerfamilie holte sich IBM innerhalb weniger Wochen einen Auftragsbestand von rund zehn Milliarden Dollar. Die Nachfrage war derart groß, dass die Vertriebsbeauftragten nur noch telefonisch akquirierten. Die Klingel-Methode hatte Erfolg: 42.000 Letters on Intent (Absichtserklärungen) wurden bis Mitte 1979 weltweit von den Kunden abgegeben. Vertriebschef "C. Schulz-Wolfgramm sieht in der Überbuchung die Akzeptanz dessen, was die IBM über Datenverarbeitung zu sagen hat", schrieb damals der interne Mitteilungsdienst "DV-Informationen", aus denen die IBM-Vertriebsbeauftragten ihr Herschaftswissen beziehen. Wer eines dieser neuen Systeme (Kaufpreis zwischen 150.000 DM und 1,5 Millionen DM) bei IBM bestellte, musste mit Wartezeiten bis zu 24 Monaten rechnen. In der Stuttgarter Liederhalle veranstaltete die IBM eine Tombola, bei der in einem Losverfahren festgestellt wurde, welche Anwender als erste in den Genuss der neuen Serie kommen sollten.
"Die erste wirklich neue Generation IBM-Hardware seit neun Jahren", begrüßte das US-Magazin "Fortune" damals die neue Serie. Noch weiter in die Vergangenheit zurück ging die "New York Times". Für sie war die IBM 4300 "die erste neue Computergeneration seit 15 Jahren".
Allein in der Bundesrepublik absolvierte das extra für die 4300 gegründete "Komptenz-Center München" in den ersten 140 Tagen nach der Ankündigung 250 Kundenveranstaltungen, zu denen rund 1500 Teilnehmer kamen. "Ein Novum in der DV-Geschichte: Hard- und Software waren schon am Tage der Ankündigung einsatzbereit", prahlte die IBM-interne Branchenpublikation "DV-Informationen" mit der Erstinstallation einer 4331. Im Oktober war dann eine 4341 im "Kompetenz-Center" verfügbar.
Bereits am 28. März 1979 - zwei Monate nach der Ankündigung - lief im Werk Mainz die erste seriengefertigte 4331 vom Stabel. Knapp neun Monate später, am 12. Dezmeber, verließen die ersten vier 4341-Rechner die Fabrik. "Einer davon wird an einen deutschen Kunden ausgeliefert, drei gehen in andere europäische Länder", verbreitete das IBM-interne Mitteilungsblatt in seiner letzten Ausgabe des Jahres die frohe Botschaft, die längst den Markt durchdrungen hatte. Schon zur Hannover Messe 1979 meldete IBM intern die Rekordbesucherzahl von 40.000, die "die neuesten DV-Produkte" besichtigen wollten.
Geradezu überschwenglich begrüßte das Wirtschaftsblatt "Forbes" die Superminis, die kaum größer waren als eine Tiefkühltruhe. "Die IBM hat das Computergeschäft zweimal revolutioniert: 1964 mit der Ankündigung der /360, 1979 mit der Computerfamilie 4300."
In der Tat - die IBM 4300 bedeutet eine Revolution.

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