Freitag, 2. Januar 2009

Kapitel I: 1.02 Champagner für IBM



New York, Freitag, 8. Januar 1982, 16.15 Uhr.
Bundesrichter David N. Edelstein, 71, betritt den Gerichtssaal im Court House am Foley Square. Sein Fall: Vereinigte Staaten von Amerika versus International Business Machines. Sieben Jahre dauert schon der Prozess, 13 Jahre sind seit der Klageerhebung vergangen, 18 Jahre seit den ersten Voruntersuchungen. Eine weitere Sitzung im langwierigsten Antitrist-Prozess der US-Rechtsgeschichte steht bevor.
Doch an diesem Tag fehlt William Baxter, damals Chef der amerikanischen Kartellbehörde und der Anklage gegen IBM. Verärgert fordert der greise, aber gefürchtete Bundesrichter Edelstein den Baxter-Assistenten Abbot Lipsky, 32, auf, das Fehlen seines obersten Dienstherrn zu erklären. Der Junior-Kläger und Stanford-Schüler offeriert jedoch verschüchtert nur Ausflüchte. Voller Zorn bedrängt Edelstein Lipsky, endlich mit der Wahrheit herauszurücken. Schließlich gesteht der Baxter-Ersatz kleinlaut, dass die US-Regierung das Interessen am seit 13 Jahren währenden Verfahren endgültig verloren habe.
Der Prozess ist zu Ende.
Riesige Aktenberge mit insgesamt 60 Millionen Seiten waren nun Makulatur: 2500 Zeugenaussagen wurden nicht mehr gebraucht. Rund 300 Rechtsanwälte waren ihren Fall von einem Tag zum anderen los. Denn so ist das in Amerika. Richter Edelstein: „Wenn sich die Parteien darin einig sind, ein Verfahren zu beenden, dann muss keine Billigung des Gerichts eingeholt werden.“
Nach vier Jahren Vorbereitung (1965) hatte Ramsey Clark, damals oberster Kartellwächter im amerikanischen Justizministerium am 17. Januar 1969, dem letzten Tag der Johnson-Regierung, Klage gegen IBM erhoben. Das „Methusalem-Verfahren“ (Gerichtsjargon) erlebte vier amerikanische Präsidenten, bis es bei Ronald Reagan landete, der schließlich kurzen Prozess machte und das mittlerweile ungeliebte Verfahren einstellen ließ.
Während am Abend des 8. Januar 1982 in einer Diskothek an der Park Avenue in New York IBMs Top-Manager die Champagner-Korken knallen ließen und John R. Opel, Chief Executive Officer (CEO), hoch erfreut darüber war, dass das Justizministerium nun endgültig das bestätigt hatte, was die IBM seit 13 Jahren behauptete, war Charles (Charley) L. Brown, Chairman von American Telephone & Telegraph bei seinem Urteil über den Baxter-Vergleich erheblich zurückhaltender. Zitiert das amerikanische Wirtschaftsmagazin „Fortune“ den obersten Fernmelder: „Es ist genau das, was die Regierung wollte.“


Cover: Das Wirtschaftmagazin Business Week sah schon 1981 IBM als Gewinner


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