Samstag, 3. Januar 2009

Kapitel I: 2.01 Big beautiful

Dass es zu dem spektakulären Ende der spektakulären Prozesse gegen IBM und AT&T kommen konnte ist eindeutig das Verdienst von Willial Francis Baxter, dem von Präsident Ronald Reagan inthronisierten Kartellwächter des amerikanischen Justizministeriums. Er machte nicht nur kurzen Prozess mit den beiden schon längst völlig verfahrenen Verfahren, sondern auch mit der überkommenden Interpretation der Antitrustbestimmungen. Er hatte gänzlich andere Ansichten über Wettbewerbsregeln als seine Vorgänger. Dies wurde nirgendwo so deutlich wie bei der Niederschlagung des „Methusalem-Prozesses“ gegen IBM. Baxter: „Im Allgemeinen habe ich keine Schwierigkeit mit der Vorstellung, eine Firma wegen unerlaubter Monopolisierung eines Marktes zu verfolgen. Aber ich glaube nicht, dass ein solches Verfahren dazu dienen darf, große und erfolgreiche Firmen nur deswegen zu quälen, weil ihre Größe die Öffentlichkeit befremdet.“
Seine Thesen in Kurzform:
- Eine Firma darf nicht deswegen bestraft werden, weil sie groß ist.
- Der Markt muss das aggressive Verhalten eines Giganten tolerieren, solange es dazudient, die Wettbewerbsstärke eines Unternehmens zu erhalten, ohne die Konkurrenz vernichten zu wollen.
- Während AT&T unter Ausnutzung eines von der Regierung zugesicherten Monopols Wettbewerber bedrängte, hat IBM ihre Marktposition allein durch eigene Anstrengungen erworben.
Letzten Endes waren also die Mitbewerber selbst schuld daran, dass IBM so groß und so stark werden konnte. Ihr Machtmonopol basierte auf den Entscheidungen des Marktes. AT&T hingegen hatte ihre gewaltige Macht einem staatlichen Auftrag zu verdanken. Dieser Musste dem Telekommunikationsriesen entzogen werden, wenn er tatsächlich in einem Kampf der Giganten mit IBM eintreten wollte. Dies geschah mit der Abspaltung der 22 Tochtergesellschaften, die bislang das regionale Telefongeschäft in den USA besorgten und am 1. Januar 1984 endgültig in eine neue Selbständigkeit entlassen wurden.
Bereits Mitte 1981 signalisierte Baxter, dass er vor allem an einem baldigen Ende des Prozesses gegen IBM interessiert war: „Auf der Basis der für mich verfügbaren Informationen, kann ich nur eine vernünftige Richtung sehen, die das Verfahren noch nehmen kann: Es muss so schnell wie möglich eingestellt werden.“
Gerade dieser Prozess hatte gigantische Ausmaße erreicht. Er war unüberschaubar geworden. Und damit wuchs die Zahl der möglichen Fehlerquellen. Das Risiko eines Justizirrtums wurde immer größer. Gleichzeitig schnellten die Kosten des Prozesses nach oben. Eine Fortführung des Verfahrens hätte die Regierung jährlich bis zu zqei Millionen Dollar gekostet, doppelt so viel wie in den Jahren zuvor. Der Staat hatte schon jetzt 13,4 Millionen Dollar ausgegeben. Indirekt war es sogar erheblich mehr. Denn Prozess-Gegner IBM konnte seine gesamten Aufwendungen von der Steuer voll abschreiben. Gigantisch war auch der Aufwand. 145 Millionen Schreibmaschinenseiten wurden im Laufe der Jahre auf Verwertbarkeit für den Prozess und die diversen Nebenverfahren analysiert. Die Dokumente konnten schließlich nur noch elektronisch verwaltet werden. Dazu entwickelten Spezialisten eine Datenbanksoftware, die heute dem Namen Stairs bei hunderten von IBM-Kunden in aller Welt installiert ist.
Ein eigenes, landesweites Netzwerk entstand, das um die Uhr an sieben Tagen in der Woche den Juristen und ihren Helfen zur Verfügung stand und ihnen den permanenten Zugriff auf die Datenbank in White Plains im Staate New York ermöglichte. „Wir mussten auf alle Fragen vorbereitet sein, die in diesem Verfahren an uns gerichtet wurden – Monat für Monat, Jahr für Jahr“, berichtet James R. Connell, ein IBM-Manager, der verantwortlich war für die informationstechnische Unterstützung der Anwälte.
Wie viel Geld der der Gigant insgesamt in das Verfahren hineingesteckt hat, kann man nur erahnen – vielleicht eine halbe Milliarde Dollar, vielleicht sogar noch mehr. Doch damit war jetzt Schluss.
Foto: William Baxter


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen