Cover: Vorabdruck von "Das blaue Wunder" im Computermagazin, 1983, Titelheld ist IBM-Chef John R. Opel
Trotz ihres ungebrochenen Willens zur Macht war IBMs Marktverhalten in den verfahrenen Antitrustjahren geprägt von einer gewaltigen Irritation. Sie fühlte sich in ihrer Bewegungsfreiheit mächtig eingeengt, sie arbeitete mit verdeckten Strategien, die jene Aggressivität vermissen ließ, die man sonst von dem Giganten gewohnt war. Diese konnte man allenfalls vor Gericht spüren, dem nun mal wichtigsten Kampfplatz jener Zeit. Am Markt verhielt sich IBM eher schwerfällig und betrat anfangs nur zögernd neue Arenen, neue Märkte. Zu sehr damit beschäftigt, ihre Position, ihren Glauben an das Gute in sich selbst zu verteidigen, hatte die „Company“ (IBM-Jargon) den Markt als ihren angestammten Kampfplatz vernachlässigt. Mit gutem Grund: Dort ging es um (Markt-)Anteile, vor Gericht jedoch um das Ganze, um die Erhaltung der Macht in einer Hand.
Aber ein Teufelskreis tat sich auf: Je mehr sich das IBM-Management um den Prozess kümmerte, desto kleiner wurden die Marktanteile. Je mehr die Marktanteile schrumpften (von 70 Prozent in 1969 auf 62 Prozent in 1981) , desto unsinniger wurde der Prozess. Je mehr das Verfahren an Sinn verlor, desto größer wurde die Beweisnot der Anklage. Und je undurchsichtiger der Fall wurde, desto mehr Zeit musste das IBM-Management in die Klarstellung seiner Position vor Gericht aufbringen.
„IBM befand sich in einer permanenten Pattsituation“, analysiert Friedrich A. Meyer, Präsident des Bundes Deutscher Unternehmensberater und Vorstandsvorsitzender des Wilhelmshavener Softwarehauses ADV/Orga F.A. Meyer AG, die Antitrustjahre.
IBM versuchte, sich selbst aus dieser unheilvollen Pattsituation zu befreien, und zwar durch eine Entscheidung, die zunächst einmal durch den Pr0zess selbst veranlasst wurde.
Mit der Klage vom 17. Januar 1969 warf das Justizministerium IBM unter anderem die von ihr erfolgreich betriebene Politik des „Bundlings“ vor, Hardware und Software der legendären /360-Computer waren bislang in der Preisliste nicht getrennt ausgewiesen worden. Wer einen Rechner bei IBM erwarb, erhielt „ohne gesonderte Berechnung“ die Software als Bündel gleich mit dazu. Dadurch blockierte IBM nicht nur Wettbewerber, sondern sie verhinderte damit auch, dass neue Konkurrenten, neue Märkte – wie zum Beispiel die Software-Industrie - entstanden. Es gab damals so gut wie kein externes Schulungsangebot. Die meisten EDV-Veteranen von heute drückten zu jener Zeit auf Kosten ihres Lieferanten die Schulbank bei IBM.
Kaum ein halbes Jahr nach der Klageerhebung, am 23. Juni 1969, verkündete der Riese, dass er diese Politik verlassen werde. Von jetzt an würden die Preise für Hard- und Software getrennt ausgewiesen. Dies war der Startschuss für die Gründung von tausenden von Softwarehäusern in aller Welt, die jetzt bei den IBM-Anwendern das große Geld witterten. Schulungsunternehmen wie die amerikanischen Multimedia-Spezialisten Deltak Systemes Inc. und Advanced Systems International entstanden.
Es war eine harte Entscheidung für den Marktherrscher. Selbst heute trauern alt gediente IBMer den /360er Jahren nach, in denen die Computerwelt noch nicht in Hardware und Software zerrissen war. Denn der Kunde, dem bis dahin quasi kostenlos Softwareprodukte (Betriebssysteme, Dienstprogramme und Anwendungssoftware) zur Verfügung gestellt wurden, erhielt gleichzeitig und ebenfalls „ohne gesonderte Berechnung Manpower-Unterstützung von IBM durch die Systemingenieure (SEs = Systems Engineers). Viele von diesen Softwarespezialisten machten sich zu Beginn der siebziger Jahre selbständig und gründeten ihre eigene Firma.
„In gewisser Weise fand damit so etwas wie eine Zerschlagung der IBM statt“, erinnert sich der Ex-IBMer Klaus Sabirowsky, der damals in Essen das Softwarehaus OSP AG (heute OSP Metra Gesellschaft für Softwaresysteme mbH) mitgründete: Von nun an wie die IBM-Verkaufswelt getrennt in Hardware, Software und Services. Und auf allen drei Gebieten machte sich alsbald immer mehr Wettbewerber breit.
Langfristig sollte diese „Zerschlagung“ aber durchaus keine nachhaltigen Folgen für den Marktführer haben. Meint Erwin Huber, Geschäftsführer von Deltak Systems Inc. in Bad Homburg: „Die Softwarehäuser verbreiterten jetzt mit ihrem Engagement die Anwendungsbasis der IBM-Rechner erheblich.“ Ihr Markt waren vornehmlich Applikationsprogramme. Nur sehr wenige wagten sich an Softwareprodukte wie IBM-kompatible Betriebssysteme, Datenbanken oder Programme zur Steuerung der Datenkommunikation (in den USA: Cincom, Cullinet; in GB: Altergo; in BRD: Software AG). Hier dominierte nach wie vor IBM, für die diese Systemsoftware strategisch viel zu wichtig war, um sie Dritten zu überlassen. Denn damit entschied sich ihr Markt, damit beherrschte sie ihn.
Applikationsprogramme hatte sie indes schon immer von Fremden (meistens von Anwendern) aufgekauft und ihren Kunden gleichsam kostenlos zur Verfügung gestellt. Jetzt konnten die Softwarehäuser direkt an die Kunden herantreten. Programme und andere Dienstleistungen verkaufen.
Aber ein Teufelskreis tat sich auf: Je mehr sich das IBM-Management um den Prozess kümmerte, desto kleiner wurden die Marktanteile. Je mehr die Marktanteile schrumpften (von 70 Prozent in 1969 auf 62 Prozent in 1981) , desto unsinniger wurde der Prozess. Je mehr das Verfahren an Sinn verlor, desto größer wurde die Beweisnot der Anklage. Und je undurchsichtiger der Fall wurde, desto mehr Zeit musste das IBM-Management in die Klarstellung seiner Position vor Gericht aufbringen.
„IBM befand sich in einer permanenten Pattsituation“, analysiert Friedrich A. Meyer, Präsident des Bundes Deutscher Unternehmensberater und Vorstandsvorsitzender des Wilhelmshavener Softwarehauses ADV/Orga F.A. Meyer AG, die Antitrustjahre.
IBM versuchte, sich selbst aus dieser unheilvollen Pattsituation zu befreien, und zwar durch eine Entscheidung, die zunächst einmal durch den Pr0zess selbst veranlasst wurde.
Mit der Klage vom 17. Januar 1969 warf das Justizministerium IBM unter anderem die von ihr erfolgreich betriebene Politik des „Bundlings“ vor, Hardware und Software der legendären /360-Computer waren bislang in der Preisliste nicht getrennt ausgewiesen worden. Wer einen Rechner bei IBM erwarb, erhielt „ohne gesonderte Berechnung“ die Software als Bündel gleich mit dazu. Dadurch blockierte IBM nicht nur Wettbewerber, sondern sie verhinderte damit auch, dass neue Konkurrenten, neue Märkte – wie zum Beispiel die Software-Industrie - entstanden. Es gab damals so gut wie kein externes Schulungsangebot. Die meisten EDV-Veteranen von heute drückten zu jener Zeit auf Kosten ihres Lieferanten die Schulbank bei IBM.
Kaum ein halbes Jahr nach der Klageerhebung, am 23. Juni 1969, verkündete der Riese, dass er diese Politik verlassen werde. Von jetzt an würden die Preise für Hard- und Software getrennt ausgewiesen. Dies war der Startschuss für die Gründung von tausenden von Softwarehäusern in aller Welt, die jetzt bei den IBM-Anwendern das große Geld witterten. Schulungsunternehmen wie die amerikanischen Multimedia-Spezialisten Deltak Systemes Inc. und Advanced Systems International entstanden.
Es war eine harte Entscheidung für den Marktherrscher. Selbst heute trauern alt gediente IBMer den /360er Jahren nach, in denen die Computerwelt noch nicht in Hardware und Software zerrissen war. Denn der Kunde, dem bis dahin quasi kostenlos Softwareprodukte (Betriebssysteme, Dienstprogramme und Anwendungssoftware) zur Verfügung gestellt wurden, erhielt gleichzeitig und ebenfalls „ohne gesonderte Berechnung Manpower-Unterstützung von IBM durch die Systemingenieure (SEs = Systems Engineers). Viele von diesen Softwarespezialisten machten sich zu Beginn der siebziger Jahre selbständig und gründeten ihre eigene Firma.
„In gewisser Weise fand damit so etwas wie eine Zerschlagung der IBM statt“, erinnert sich der Ex-IBMer Klaus Sabirowsky, der damals in Essen das Softwarehaus OSP AG (heute OSP Metra Gesellschaft für Softwaresysteme mbH) mitgründete: Von nun an wie die IBM-Verkaufswelt getrennt in Hardware, Software und Services. Und auf allen drei Gebieten machte sich alsbald immer mehr Wettbewerber breit.
Langfristig sollte diese „Zerschlagung“ aber durchaus keine nachhaltigen Folgen für den Marktführer haben. Meint Erwin Huber, Geschäftsführer von Deltak Systems Inc. in Bad Homburg: „Die Softwarehäuser verbreiterten jetzt mit ihrem Engagement die Anwendungsbasis der IBM-Rechner erheblich.“ Ihr Markt waren vornehmlich Applikationsprogramme. Nur sehr wenige wagten sich an Softwareprodukte wie IBM-kompatible Betriebssysteme, Datenbanken oder Programme zur Steuerung der Datenkommunikation (in den USA: Cincom, Cullinet; in GB: Altergo; in BRD: Software AG). Hier dominierte nach wie vor IBM, für die diese Systemsoftware strategisch viel zu wichtig war, um sie Dritten zu überlassen. Denn damit entschied sich ihr Markt, damit beherrschte sie ihn.
Applikationsprogramme hatte sie indes schon immer von Fremden (meistens von Anwendern) aufgekauft und ihren Kunden gleichsam kostenlos zur Verfügung gestellt. Jetzt konnten die Softwarehäuser direkt an die Kunden herantreten. Programme und andere Dienstleistungen verkaufen.
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