Dienstag, 4. Januar 2011

I: 5.2 Am Rockzipfel von Mother Blue (Teil 2)

Mit dem Eindringen von AT&T in die internationalen Märkte scheint sich die restriktive Haltung der PTTs gegenüber IBM zu ändern "IBMs bevorstehender Kampf mit AT&T wird die europäischen Postgesellschaften ordentlich plagen. IBM wird deshalb die Verbindung zu den Fernmeldegesellschaften zu stärken suchen", sah bereits 1979 der britische Marktforscher David Butler eine keineswegs einseitige Annäherung zwischen dem Multinationalen und den nationalen Postgesellschaften.
Auch einige Amtsbaufirmen pflegen neuerdings den Kontakt mit dem jahrzehntelang geächteten Multi. Sie versuchen dabei, ihn als Partner zu gewinnen, um ihn nicht als Gegner fürchten zu müssen, der langfristig vor allem auf den lukrativen Telekom-Märkten der Dritten Welt den traditionellen Herstellern das Überleben schwer machen kann. Denn der Gigant sicherte sich 1983 eine auf mittlerweile über 20 Prozent ausgebaute Beteiligung an der kalifornischen Telefonbaufirma Rolm (Umsatz: 502 Millionen Dollar in 1983), deren digitale Vermittlungstechnik auch in öffentlichen Fernmeldeanlagen eingesetzt werden kann.
Noch zielt IBM lediglich auf den Markt für private Telefonanlagen. "Wir denken, dass IBM uns hilft, Nebenstellenanlagen in Europa zu vermarkten", hofft auch Rolm-Manger Richard Moley vorerst auf die private Kundschaft von Big Blue.
IBM kommt die Bereitschaft zur Kooperation der europäischen Fernmeldewelt sehr entgegen. Denn sie muss ihre von der digitalen Telekommunikation zunehmend beeinflussten Computerstandards gegenüber den Postmonopolen verteidigen, wenn sie nicht an Marktmacht verlieren will. Dies gelingt ihr eher, wenn sie die Amtsbaufirmen ebenfalls auf ihrer Seite weiß. So kristallisiert sich seit 1981 immer stärker eine Politik des "do ut des" zwischen IBM, Postgesellschaften und Amtsbaufirmen heraus.


Nachtrag: Am 31. August 1984 - als das Buch "Das blaue Wunder" bereits in Druck ging - war der Wirtschaftswoche die Deutsche Bundespost eine Titelgeschichte wert. Die Headline ließ damals wohl nichts Gutes erwarten.
Heute, 4.1.2011, war der 1000. Leser hier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen