Sonntag, 16. Januar 2011

I: 6.1 IBM - normativ und kooperativ (Teil 1)

Trotz aller Bemühungen der Wettbewerber, IBM in ihrem Expansionsdrang zu zähmen, steht eins fest: Der Marktführer gibt nicht auf, seine Interessen durchzusetzen. Und schon deutete sich Ende Juli 1984 ein erster Erfolg an. Wie bereits erwähnt, will IBM gemeinsam mit dem Staatskonzern British Telecom, der im Hernbst 1984 privatsiert werden soll, ein Informationsnetzwerk in Großbritannien errichten. Und dieses Netzwerk wird aller Voraussicht nach auf SNA basieren.
Kalkulation von British Telecom (Umsatz 1983/84: 6,87 Milliarden Pfund): etwa die Hälfte ihrer Geschäftskunden auf der Insel sind IBM-Anwender. Gleichzeitig will BT, wenn die Privatisierung abgeschlossen ist, ihre Aktivitäten bis nach USA hin ausdehnen. Wer könnte dabei ein besserer Partner sein als IBM?
Enorme Vorteile würde auch der Computergigant aus solch einer Kooperation ziehen. Damit wäre IBM nicht nur als normative Kraft in einem bislang ausschließlich von Telekommunikationsunternehmen beherrschten Markt akzeptiert, sondern selbst Netzbetreiber in Europa. Dieses Ziel hat sie in den USA bereits mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Satellite Business Systems im Jahre 1975 erreicht, das digitale Übertragungsdienste in direkter Konkurrenz mit AT&T anbietet.
Noch zwei weitere Kooperationen in den USA zielen in Richtung Netzbetrieb":
- Im März 1984 verkündete der blaue Riese, dass er gemeinsam mit der Wall Street Firma Marrill Lynch & Co. ein Informationsnetzwerk für Börseninformationen errichten wird, das von Personal Computern über das Satellitennetz angesteuert werden kann.
- Im Februar 1984 gründete der Computerriese mit dem Fernsehsender CBS und dem größten Versandhandelshaus der Welt, Sears & Roebuck, ein Gemeinschaftsunternehmen, das in den USA Videotex (Bildschirmtext) anbieten soll. Prompt stiegen die Aktien der drei Partner an der Wall Street und sogar der Wettbewerb frohlockte: "Wir sind hocherfreut darüber, dass IBM in Videotex einsteigt. Denn die Branche leidet darunter, dass einige Leute nicht an sie glauben", meint stellvertretend für die Wettbewerber Gary Arlen, Herausgeber eines Informationsdienstes zum Thema Videotex. (1)
Damit wird eins deutlich: IBM setzt nicht nur die Normen, sondern ihr Name macht erst die Märkte, für die ihre Standards gelten. Und dieser Wirkung wird sich keiner entziehen können, der mit oder gegen IBM Geschäfte machen will.

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